Auf der Spur meiner Ahnen - Mariele Millowitsch, am 18.7.2007 im ZDF

Mariele Millowitsch

 

2007 begab sich Mariele Millowitsch mit dem ZDF auf Ahnensuche.

Gemeinsam mit ihren Geschwistern und vielen Helfern erfährt sie viele interessante und auch überraschende Dinge über ihre Vorfahren. 

Den Beitrag habe ich abgetippt und Screenshots davon erstellt. Die Bildrechte liegen selbstverständlich beim ZDF.

Mariele Millowitsch

Zunächst sieht man Mariele, sie erzählt:

„Ich werde Schauspielerin und Tierärztin“ das hab ich wohl schon von Kindesbeinen an gesagt, das hat mir meine Mutter mal erzählt. Für Vater war das Wichtigste, so wie er das erlebt hatte, der wollte immer die ganze Familie mit auf der Bühne stehen haben. Das war für ihn das Allerschönste.

 

Mariele wird gezeigt, wie sie an Willys Denkmal vorbeiläuft.

 

Sie erzählt weiter:

Dass ich weggegangen bin, das war so mein Versuch zu sagen, ich mach' mir jetzt etwas eigenes, in das mit keiner reinquatschen kann. Ich merkte da wieder, bei allem Drang, da wegzukommen aber auch, wie es so an mir gezogen hat und ich hab dann in '83, nach dem dritten Staatsexamen, sofort nicht Tiere behandelt, sondern bin gleich auf die Bühne gegangen.

Mariele wird gezeigt, wie sie durch die Stadt geht.

 

Mariele: Man hält alles für selbstverständlich und man hält die Eltern für unsterblich und dann kommt der Tag X, dann denkt man „Ja, jetzt räume ich hier das Haus aus und finde alte Bilder und dann kommen die ganzen Fragen, die man hätte stellen sollen. Das war bei mir der Anstoß, dass ich sagte, jetzt gehe ich los und gucke, warum bin ich so, wie ich bin.

Das Millowitsch-Theater wird von außen gezeigt.

 

Sprecher: Die Familienbühne in Köln. Die Millowitschs sind eine legendäre Schauspielerdynastie. Mariele, Willy Millowitschs Jüngste, ist schon mit sechs Jahren ein Star.

 

Hierzu wird die Szene aus Drei Kölsche Jungs gezeigt, in der Willy und Mariele zusammen spielen. (Übrigens 1965, also war Mariele zehn Jahre jung)

 

Man fährt filmend am Theater vorbei.

 

Nun werden einigen Szenen aus Marieles Filmen und Serien gezeigt.

 

Sprecher: Starke Frau mit viel Humor, solche Rollen haben sie zum Publikumsliebling gemacht. Die ZDF-Serie „Girlfriends“ brachte ihr den Durchbruch.

 

Wieder Mariele, wie sie durch die Stadt geht.

Mariele: Runter zu gucken auf den Stammbaum und zu sagen „Wow, das sind jetzt 150 Jahre und wir die sechste Generation mit den Fähigkeiten zum Tanz, zum Gesang...“ Das finde ich beeindruckend.

 

Mariele geht durch ein Treppenhaus, die Treppen hoch.

 

Sprecher: Mariele trifft sich mit ihren Schwestern Katarina und Susanne. Wo fängt man mit der Ahnenforschung an? Am Besten bei den Eltern.

 

Mariele klopft an eine Tür, Katarina öffnet und sie begrüßen sich.

 

Sprecher: Vater Willys Familienfilme sind der Start einer Zeitreise in die Vergangenheit.

Mariele Katarina Millowitsch

Jetzt werden alte Familienvideos geschaut.

 

Katarina: War ja schon mutig von den Frauen, so viele Kinder zu kriegen...

 

Mariele: Ja, gehörte ja auch ein bisschen zum Image, ne? Zur Imagepflege...

 

Katarina: Ich glaub', viel Auswahl hatten die nicht.

 

Man sieht Ausschnitte aus einem alten Weihnachtsvideo der Familie.

 

Katarina: Vor allen Dingen Weihnachten....da mussten wir immer gestiefelt und gesporn und schön angezogen der Reihe nach antreten und dann wurde Familie gemacht.

 

Sie lachen.

 

Mariele: Aber so lange die da sind, ist alles so selbstverständlich und dann sind die weg und dann hat man keine Chance mehr, zu reden.

 

Man sieht, wie die Kinder sich Fahrräder anschauen (auf dem Video).

 

Mariele: Da haben wir die Fahrräder geschenkt gekriegt und ein paar Wochen später lagen die, glaube ich, irgendwo auf der Straße im Dreck. Der Vater hat geschimpft! War der Vater wütend! Weil der immer so hart arbeiten musste für sein Geld und wenn wir Kinder so lax im Umgang waren mit Werten, ist der ausgerastet.

 

Katarina: Der ist irgendwie im Internat gewesen in St.. Goarshausen, ist da abgehauen, weil er so Heimweh hatte und von da an hat er immer im Theater mitgearbeitet, aber als Mädchen für alles. Der hat geputzt und alles, was man machen muss.

 

Mariele: Vater hat alles gemacht, ja. Genau, das hat er auch erzählt.

 

Mariele Katarina Susanne Millowitsch
Mariele, Katarina und Susanne Millowitsch

Katarina: Auch gespielt, aber das erst, also im Zentrum erst später. Der wollte Ingenieur werden, der ist von seinem Vater praktisch gezwungen wurden, das Theater zu übernehmen, der hatte überhaupt keine Lust darauf.

 

Mariele: Nee, ist wahr? Das wusste ich gar nicht.

 

Katarina: Ja, der hatte doch auch im Keller diese Apparaturen, die wir alle kaputt gemacht haben. Da warst du noch zu klein?

Mariele: Nee, da war ich zu klein. Ich erinnere mich an Reste...

 

Susanne: Der fummelte ja auch so fürchterlich gerne.

 

Katarina: Der fummelte gerne, der wollte viel lieber etwas Technisches machen.

 

Susanne: Ja, basteln und fummeln und friemeln, das war seine Leidenschaft.

 

Katarina: Eigentlich war das so selbstverständlich, dass das Theater immer in der Familie blieb und zwar immer an die Söhne weiterging und so war das selbstverständlich, dass der Sohn das Theater übernahm. Dass war so selbstverständlich, dass nicht mal die Idee einer Hinterfragung aufgetaucht war. Ob der Willy darunter gelitten hat, ob das für ihn auch selbstverständlich war oder ob der wirklich gequält wurde mit der Idee, das Theater weiter zu machen – ich weiß es nicht.

Mariele überquert die Aachener Straße in Köln – in Richtung Familienbühne.

Millowitsch Theater
Mariele Peter Millowitsch
Mariele und ihr Bruder Peter

Sprecher: Marieles nächste Verabredung: ihr Bruder Peter. Peter hat das Erbe als Theaterdirektor angetreten. Weiß er, ob diese Familientradition für Vater Willy in jungen Jahren eine Last war?

 

Mariele und Peter werden vom Balkon des Theaters gefilmt, wie sie durch die Reihen gehen.

 

Mariele: Und was ist das für dich für ein Gefühl, wenn du hier so stehst und dir sagst, ja früher klein hier angefangen, jetzt hier und der Chef und dann den Druck, dass du sagst, du musst die Leute hier jedes Jahr neu reinbringen und deine Stücke selber schreiben?

 

Peter: Mariele, den Druck haben alle vor mir auch gehabt.

 

Mariele und Peter betreten nacheinander einen Raum, den Raum des „Chefs“

 

Mariele: Das heißt, du bist davon ausgegangen, dass du gar keine andere Chance hast, als das hier zu übernehmen?

Peter: Schwierig. Schwierig war das mit Willy, denn Willy hatte ein Willy-zentrisches Weltbild und alles, was darüber hinausging, das war schwierig, aber er konnte auch nicht anders, weil es bei seinem Vater genauso war.

 

Mariele: Der Vater ist doch dann weg, der hat doch dann Fronttheater gemacht alleine, oder?

 

Peter: Nee nee, weil Peter so krank war. Peter war so krank, dass Willy alleine die Tourneen fahren musste, die Wehrmachtstourneen. Das ist auch der Grund dafür, warum Willy, wenn er ein oder zwei Gläser zu viel getrunken hatte, immer mit gläsernen Augen und strahlendem Blick von diesen Wehrmachtstourneen erzählte, weil das das erste Mal war, dass er unter der Fuchtel seines Vaters weg war.

 

Mariele und Peter werden gezeigt, wie sie in einer Art Album blättern.

 

Mariele: Wie ist er denn eigentlich dahin gekommen, zu diesen KdF („Kraft durch Freude“)-Tourneen?

 

Peter: Ja, wie man da so hinkam, ne? KdF, das war doch, ich will nicht sagen, die Lizenz zum Geld drucken, aber das war doch eine todsichere Sache. Wenn du den Spielplan des Millowitsch-Theaters vor 1933 siehst, dann stellst du fest, die haben Stücke 10 Tage, 14 Tage gespielt und dann war schon Feierabend. Nach '33 hört das mit einem Schlag auf, die haben mächtig lange Spielzeiten gehabt, da wurden nämlich die Vorstellungen vom KdF gekauft.

 

Mariele: Aber wie ist der Vater denn da reingekommen? Hat er sich da vorgestellt...?

 

Peter: Nein, das glaube ich nicht. Die wurden gebeten – gebeten ist gut – die wurden requiriert. Die wurden einfach eingespannt – Feierabend!

Es sind Bilder des alten Theaters zu sehen.

 

Sprecher: 1936 eröffnet der Großvater sein Theater in der Aachener Straße als Heimatbühne Millowitsch. „Kraft durch Freude – KdF“ - unter diesem Motto kurbelt die NS-Organisation den Theaterbetrieb mit Subventionen an und setzt das Ensemble zur Truppenbetreuung an.

 

Mariele telefoniert.

 

Sprecher: Gibt es Akten über die Zusammenarbeit des Vaters mit den Nazis? Auskunft bekommt sie im Kölner NS-Dokumentationszentrum.

 

Mariele (telefoniert): Ich hatte letzte Woche schonmal angerufen, Sie erinnern sich? […] Genau. Ob Sie Unterlagen gefunden haben über meinen Vater Willy Millowitsch? Ist Ihnen da irgendetwas aufgefallen, in die Hände gekommen? […] Nichts. Gut.

Nun sieht man Mariele, wie sie auf ein Haus zugeht und klingelt.

 

Sprecher: Mariele kennt den Theaterwissenschaftler Winfried Bonk. Er hat für seine Doktorarbeit Interviews mit Willy aufgenommen. Haben die beiden auch über das Fronttheater gesprochen?

 

Herr Bonk lässt Mariele herein, sie gehen zusammen in einen Raum.

 

Herr Bonk: Das war lange Zeit ein Tabuthema. Der wollte auch mir gegenüber immer über diese ganze KdF-Geschichte nur sehr ungern reden.

 

Eine Kassette läuft ab, man hört Willys Stimme.

 

Willy: Sie gingen nach dem Motto, […] Kraft durch Freude, Kraft durch Lachen, Kraft durch Theater. Ich war ja auch am Fronttheater ständig gefragt auf der Bühne, sie müssen den Millowitsch haben, sie müssen den Millowitsch haben! Normalerweise hätten wir in Nürnberg auch an der Wand stehen müssen, sie hätten sagen müssen: „Sie haben gefördert, Sie haben die Kampfkraft gefördert. Sie haben die Leute zum Lachen gebracht, Sie haben den Frohsinn gebracht […]“ Normalerweise, ne?

Man hort Herrn Bonk: Naja, das ist ja nun keine Argumentation...

 

Willy: Nein, nein. Natürlich nicht.

Mariele im Gespräch mit Winfried Bonk
Mariele im Gespräch mit Winfried Bonk

Mariele nun im Gespräch mit Herrn Bonk

 

Herr Bonk: Der Vater ist krank geworden, der ist 1939 im Herbst, mit dem Spielzeitbeginn 1939 ist er so krank geworden, dass er nicht mehr Theater spielen konnte.

 

Mariele: Weißt du, was der hatte, was das war?

 

Herr Bonk: Das weiß ich nicht. Das hat der Willy mir auch nie erzählt, aber es war so, dass er von heute auf morgen reinspringen musste in die Rollen, die sein Vater gespielt hat – hier in Köln in der Aachenerstraße...

 

Mariele: Und ist ausgebuht wurden?

 

Herr Bonk: … und ist ausgebuht wurden, weil er einfach an seinen Vater nicht heranreichen konnte, an dessen Humor, an dessen Persönlichkeit, an die Liebe, die das Publikum auch für den Vater entwickelt hatte. Dann begann der Krieg 1939, im Herbst, und relativ bald kriegten die das Angebot, über „Kraft durch Freude“-Organisation, mit denen sie ja auch im Theater schon zusammengearbeitet haben, eben für die Westwall-Arbeiter zu spielen und das war dann Willys große Chance. Willys große Chance, als Schauspieler zu spielen, außerhalb von Köln, viele Leute, die ihn nicht kannten, weil da konnte er sich seine Meriten ganz alleine verdienen und konnte sich erproben und konnte in die Rollen reinwachsen. Ich glaube, dass weder deine Großeltern, also Peter und Käthe, noch Willy Nazis gewesen sind. Da gibt es keine Hinweise für. Die waren Theaterunternehmer und waren Schauspieler und die wollten mit ihren privaten Unternehmungen, dass es ihnen gut geht. Und dass die Nazis zu dieser Zeit das unterstützten, war ihnen natürlich recht.

Man sieht Bilder Kölns im zweiten Weltkrieg, mit der ganzen Zerstörung.

 

Sprecher: Köln gleicht einer Geisterstadt, als Marieles Vater im Januar 1944 mit der Frontbühne zum letzten Mal nach Frankreich aufbricht.

 

Mariele: Die Eltern beide nicht ganz gesund, sowohl Käthe, als auch Peter, das Theater hat er übernommen, das war ganz selbstverständlich, dass er sich darum kümmerte, das wurde ja auch nie infrage gestellt. Er hatte ja auch nie wirklich eine Wahl diesbezüglich. Was hätte er tun sollen, er hat ein Ensemble gehabt, die dann das erste Mal in dem Zusammenhang beim Fronttheater Geld verdient haben. Es war ausgesorgt und ich denke, mein Vater hat bestimmt auch viel besorgt für seine Eltern, an Lebensmitteln und sie so unterstützt auch, nicht nur finanziell. Ich wüsste nicht, was er sonst hätte machen sollen, er kann doch nicht einfach verschwinden und nach Amerika auswandern und sagen, jetzt macht euren Scheiß da alleine. Das geht einfach nicht, das hätte er nicht können.


Zurück                                                      Weiter