Beckmann vom 15.12.2008, ARD

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Peter Katarina Millowitsch

Beckmann: Also diese klassische Rollenverteilung, gab es die? Da Peter, der Mann und hier die Mädels?

 

Susanne: Ja, ne?

 

Mariele: Ja, das wurde schon aufrechterhalten. Die Mädchen machen die Küche.

 

Katarina: Das stimmt.

 

Mariele (lacht): Grrrr, Hasskappe! Peter durfte immer mit Vater dann kulturelle Themen erörtern und die Mädchen machen die Küche.

 

Peter (gleichgültig): Das fand ich ganz in Ordnung...

 

Mariele: Du fandest das in Ordnung...

 

Gelächter.

 

Mariele: Hast auch wenig dazu gesagt!

 

Peter: Ja ja... fand ich in Ordnung.

Beckmann: Wenn Sie so zusammensitzen, alle miteinander, kommt da die Frage, diese Selbstbeobachtung zwischendurch, mensch, wer von uns ist eigentlich in der ganzen Art dem Vater am Ähnlichsten?

 

Katarina: Das ist noch nie eine Frage gewesen.

 

Mariele: Nein.

 

Beckmann: Nein?!

 

Katarina: Nein!

 

Beckmann: So in der Art, dem Typus?

 

Katarina: Mich amüsiert nur, dass mein jüngster Sohn so aussieht wie Willy vor 80 Jahren.

 

Susanne (nickt): Das ist wahr!

 

Katarina: Die haben eine unglaubliche Ähnlichkeit. Das finde ich amüsant.

 

Mariele: Ist echt verrückt, die Ähnlichkeit.

Millowitsch Geschwister

Beckmann: In der Kinderzeit, gab es so Momente, Mariele, wo Sie alle gemeinsam auch mal auf der Bühne waren? Wie sah das dann aus?

 

Mariele: Naja... wir hatten, glaube ich... Aber da warst du (Susanne) leider nicht dabei. Das war Drei Kölsche Jungs. (zu Katarina) In Drei Kölsche Jungs hast du die aus dem guten Hause... Nee, die andere Rolle gespielt. Peter war der junge Lehrling und meine Wenigkeit das Karlemännchen.

 

Katarina: Genau und ich diese Etepetete-Tante, ja. Das passte zu mir.

 

Mariele: Und irgendwann haben wir den Papa mal geschockt. War das Drei Tage aus dem Kölner Leben? Peter, hilf mir mal. Oder war das Nachtjackenviertel?

 

Peter: Ja. Das war Nachtjackenviertel.

 

Mariele: Ich weiß es nicht mehr. Alle waren da. Meine Mutter, die Freundin meiner Mutter, die Tochter der Freundin, Katarina, Susanne, alle kamen in eine Szene, die normalerweise von Komparsen gespielt wurde. So ein Aufmarsch.

Peter Millowitsch

Peter: Das war eine Geburtstagssituation. Da kommt ein Geburtstagszug rein und das waren Komparsen immer. Willys Geburtstag war das, glaube ich...

 

Mariele: Welcher war das nochmal? Weißt du das noch?

 

Peter: Das weiß ich nicht mehr.

 

Mariele: 60 könnte das gewesen sein...

 

Peter: Nee, viel früher. Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls wurde dieser ganze Komparsenzug durch Bekannte, Freunde der Familie ersetzt. Und das Wunderbare war, Willy sah ohne Brille nicht gut. Man hat ja so einen Begriff von Silhouetten... und er merkte, das stimmt nicht mehr, das ist anders als sonst. Dann ging er ran an jeden und lachte sich kaputt, weil er die Leute dann erkannt hat.

 

Gelächter.

 

Mariele: Da war er echt völlig aus der Fassung, ja.

Mariele Willy Millowitsch

Beckmann: Und wir blicken zurück auf die erste wichtige Rolle. Mit sechs Jahren hat nämlich Mariele Millowitsch das Karlemännchen gespielt in dem Stück „Drei Kölsche Jungs“. Sie hat etwas laut gesprochen und hier ist es.

 

Mariele: Das stimmt, hat der Vater gesagt, soll ich tun.

 

Der Ausschnitt aus „Drei Kölsche Jungs“ wird gezeigt.

 

Beckmann: Warum, Mariele, haben Sie damals so laut gesprochen?

 

Mariele: Der Vater sagte, die Leute müssen dich verstehen können, sprich laut. Da gibt es noch andere Szenen, da brülle ich um mein Leben. Also das war leicht bis zur zwanzigsten Reihe zu hören (lacht). Aber es war gut, es war eine gute Schule damals schon.

 

Beckmann: Sechs Jahre und dann...

 

Mariele: Nee, da war ich neun. Wollen wir ehrlich sein.

Beckmann: Ja? Aber laufend dann auf der Bühne gestanden?

 

Mariele: Nee, nee. Das war das eine Mal. Da wurde ich dann auch ganz wichtig von der Schule abgeholt mit dem WDR-Auto. Ja, da fand ich mich toll.

 

Beckmann: Sie haben einen eigenen Chauffeur gehabt...?

 

Mariele (gespielt arrogant): Ja, ja ja. Mit zehn.

 

Beckmann: Und die anderen Schüler, was haben die so gesagt? Guck mal, die Millowitsch wird jetzt abgeholt mit einem eigenen Chauffeur...

 

Mariele: Ja, ich werd damit wahrscheinlich angegeben haben – nehm ich mal an. Ich erinnere mich nicht mehr so, auf jeden Fall wurde ich wahnsinnig verwöhnt. Lotti Krekel spielte meine Mutter und die hatte immer so Gebäck dabei und sonstige Süßigkeiten, die ich sonst nicht essen durfte. Und am Ende dieses Stückes wurde ein lebendes Schwein auf die Bühne getragen – wir erinnern uns, ne Peter? - und das waren dann immer verschiedene Schweine, denn ich denke, das ein oder andere hat es dann am Herzinfarkt erwischt. Da waren immer Schweine hinter der Garderobe und da hab ich natürlich dann bei den Schweinen gehangen die ganze Zeit, weil ich das sehr schön fand. Also das war für mich Paradies.

Beckmann: Peter, was war ihr erstes Stück?

 

Stille.

 

Peter: Das Ekel, glaube ich. 1958 oder so, 57/58, irgendwie sowas.


Beckmann: Haben Sie gemerkt, wie schön die Pause gerade war, Herr Müller-Stahl? Das war eine gute Pause.

 

Herr Müller-Stahl: Ganz toll. Es sind ja alle vier toll.

Peter: Ja, das war eine echte Denkpause. Da war ich noch auf der Volksschule, da ging das noch. Später kam ich auf das Gymnasium, hab auch mitgespielt, aber jedesmal, wenn ich mitspielte, blieb ich in dem Jahr hängen und nachdem ich dann zweimal hängen geblieben war, sagte meine Mutter, jetzt ist fertig, jetzt erstmal Abitur. Dann habe ich so eine Pause zwischen dem 13ten oder so bis nach der Schauspielschule gehabt.

 

Beckmann: War die Schule grundsätzlich Nebensache bei Ihnen allen?

 

Peter: Bei mir ja.

Beckmann: Katarina haben wir schon geklärt. Katarina hat da schwer nachgeholt. Susanne, bei Ihnen?

 

Susanne: Fürchterlich. Das war nicht meins, eher nicht.

 

Beckmann: Wäre, Peter, damals eine Möglichkeit da gewesen zu sagen, Vater, ich will das nicht?

 

Peter: Theoretisch ja. Aber wenn man sein ganzes Leben lang nur hört, du machst das jetzt, dann macht man es irgendwann mal und weiß wirklich nicht mehr, was war zuerst, die Henne oder das Ei? Pfff... Ich bereue es nicht, keine Sekunde, aber im klassischen Sinne eine freie Entscheidung – so Herkules am Scheideweg - ? Nee.

Susanne Millowitsch

Beckmann: Susanne, wie oft standen Sie auf der Bühne?

 

Susanne: Ich habe eine zeitlang beim Vater mitgespielt, da war ich 17,18... und hab dann aber schnell gemerkt, es ist nicht so das Richtige für mich.

 

Beckmann: Sie haben sich nicht wohl gefühlt.

 

Susanne: Puh... Kann ich nicht richtig sagen, aber es war einfach zu früh. Die Zeit war nicht gekommen und dann hab ich mich meinen Büchern zugewandt und bin seitdem bei der Literatur und da lebt man ja auch nicht schlecht, ne?

 

Beckmann: Nein. Aber haben Sie auch mal gedacht, ach ich hab ja dieses Schauspielgen auch in mir drin und die Anderen haben das ausgelebt, hätte ich doch...?

 

Susanne (nickt): Durchaus, dass mir heute mal ab und zu der Gedanke kommt, ach hättest du es doch gemacht oder du hättest es machen können, das hätte ich schon ganz schön gefunden.

Beckmann: Mariele hat da auf ihre Art und Weise ja aktiv rebelliert und sich gesagt, ich gehe jetzt mal einen anderen Weg. Sie hat dem Ganzen ja misstraut. Warum war der Weg in die Tiermedizin für sie so eine wichtige Entscheidung?

 

Mariele: Ja... ich bin ziemlich sicher, das kam auch daher, dass ich erstmal immer von vielen Kollegen gehört hab „Das Theater spielen muss weh tun, du wirst keine Möglichkeit haben, eine Beziehung zu führen, du musst spielen...“ Und da dachte ich, ääähh, das klingt aber alles nicht gut. Das war das Eine. Das Andere war, dass ich so ein bisschen zum Inventar auch geworden war auf der Bühne, ich hatte da ja auch schon gespielt und dachte, naja was kann ich jetzt eigentlich, was ist die Mariele in dem ganzen Konglomerat? Ich denke, dass das auch mit eine Rolle gespielt hat und ich hab wohl schon mit drei Jahren gesagt – das sagte die Mutter irgendwann mal zu mir – ich hätte gesagt, ich will Schauspielerin werden und Tierärztin. Das war mir gar nicht mehr präsent, na woher auch. Dann bin ich offensichtlich konsequent den Weg gegangen, der schon in mir rumgärte oder schon raus wollte und ich liebe Viecher und ich liebe Naturwissenschaften, ich würde diesen Weg immer wieder gehen, immer wieder den Umweg. Vor allen Dingen, um auch mit normalen Fußgängern zu tun zu haben, die eben nicht aus unserer Branche kommen, die auch ein Stück weit nicht wirklich mit der Realität zu tun hat und deswegen... Ja, ich hab das genossen, mit den normalen Menschen zusammen zu sein und würde es wieder machen – sofort.

 

Beckmann: Aber eine Tierarztpraxis haben Sie nie eröffnet?

 

Mariele: Nee, dann hab ich mir gedacht... Also dann kam wieder die nächste Staffel und ich dachte, äähhh, jetzt in irgendeiner Praxis verschwinden und dann gar nichts mehr mit dem Theater, das will ich jetzt aber auch nicht. Dann kam dieses Hick-Hack, dann Kom(m)ödchen und wieder Doktorarbeit schreiben und dann wieder ans Theater und dann hab ich mir gedacht, so jetzt triff eine Entscheidung, ach herrje. Und dann hab ich ja ein riesen Glück in meinem Leben gehabt, das kann man ja keinem laut sagen... Das ist ja unfassbar.

Katarina Eisenlohr Millowitsch

Beckmann: Dass die schönen Rollen dazu kamen, die eigene Identität durch „Nikola“ und andere Geschichten. Und Katarina hat ja auf ihre Art und Weise wieder rebelliert, auf einmal … also ich erinnere mich noch, als ich in Köln gelebt haben, war auf der anderen Seite der Aachener Straße ein anderes Theater zu finden. Das „Theater im Bauturm“, habe ich das recht in Erinnerung?

 

Katarina: Ja genau.

 

Beckmann: Von der eigenen Tochter auf der anderen Seite... Konkurrenz!

 

Katarina: Das war aber überhaupt kein Problem, denn als ich Willy fragte, ob er uns vielleicht zur Eröffnung irgendwie ein bisschen unterstützen könnte, hat er uns den Vorhang gespendet. Zwar ohne elektrische … Aber es war ein kleines Theater, das konnte man auch mit der Hand machen. Der hat sich so gefreut, der fand das schön.

 

Mariele: Aber als wir den riesen Erfolg hatten mit dem Mädchen... da hat er ein bisschen...

 

Gelächter.

 

Beckmann: Und war das kein Thema, dass die wirklich älteste Tochter da jetzt ein eigenes Ding macht und das noch in der gleichen Straße, auf der anderen Seite, also gegenüber. So ganz mag ich das nicht glauben, dass das alles in Frieden so abgelaufen ist.

 

Katarina (wieder unbeirrt): Glauben Sie mir, es war in Frieden. Das Einzige was ihn, glaube ich, bekümmert hätte, wäre, wenn ich ganz ins Theater gegangen wäre und hätte meinen Beruf aufgegeben. Er hat immer befürchtet, dass wir dann unsere Existenz nicht mehr sichern können. Das hab ich auch leider nie getan – ok.

 

 

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